UNSER TEST
Wartburg de Luxe mit Schiebedach
Innenausstattung WARTBURG
1000 LIMOUSINE  D E  L U X E
MIT S C H I E B E D A C H

 
 
V O M


VEB  A U T O M O B I L W E R K  E I S E N A C H


 
Die Innenausstattung der Luxus-
Limousine ist solide und reich-
haltig. Auch die hinteren Türen
haben Türtaschen. Sämtliche
Türfenster lassen sich herunter-
kurbeln. Die kleinen Heckfenster
können seitlich ausgestellt wer-
den.
 
Zur zugfreien Belüftung ist das
Schiebedach gut geeignet. Wenn
es nur 10 bis 20cm geöffnet
wird, bekommen auch die Fond-
passagiere keine Zugluft ab.
Selbst leichter Regen stört wäh-
rend der Fahrt nicht.
Schiebedach
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 7/1964  
 
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Auf den Test des Wartburg 1000 mußten unsere Leser lange
warten. Es war nicht unsere Schuld, daß wir den Testwagen erst
so spät bekamen. Das Eisenacher Werk kennt eben bisher keine
Absatzsorgen. inzwischen hat aber auch die Automobiltechnik
weitere Fortschritte erfahren, und man muß deshalb das gleiche Fahr-
zeug heute im Jahr 1964 anders beurteilen als das 1962 der Fall ge-
wesen wäre. Bestimmte Details und konstruktive Eigenheiten, die noch
vor zwei Jahren weniger auffielen, treten heute schon deshalb offener
zutage, weil sich inzwischen auch die vergleichbaren Fahrzeuge ver-
ändert haben bzw. weil neue Typen hinzukamen, deren ganze Konzep-
tion die Maßstäbe heraufgesetzt hat.

Trotz allem ist der Wartburg 1000 auch heute noch ein ansprechendes
Fahrzeug. Vor allem sein Motor ist über alle Zweifel erhaben. Er
leistet 45 PS bei 4200 U/min, und das recht günstige maximale Dreh-
moment von 9,5 kpm wird schon bei 2200 U/min erreicht. Diese Charak-
teristik - hohes Drehmoment schon bei relativ niedriger Drehzahl -
sucht man bei gleich großen Viertaktmotoren vergeblich. Sie benötigen
im allgemeinen einen wesentlich größeren Hubraum, um ähnliches zu
erreichen, zum Vergleich: Renault R 8 956 cm3, 40 PS, 7 kpm bei
2500 U/min,Skoda Octavia Super 1221 cm3, 43 PS bei 4200 U/min,
8,6 kpm bei 2500 U/min.) Der 1000er Wartburg-Motor vertrug auf
unseren Fahrten auch härteste Beanspruchungen wie stundenlanges
Dauervollgas und zeigte während der gesamten Testzeit nicht die ge-
ringsten Mängel. Auch mit den Unterbrecherkontakten gab es keinen
Ärger mehr. Die Miramid-Anlaufnasen an den Unterbrecherhämmern
sind inzwischen serienmäßig durch Hartgewebeklötzchen ersetzt wor-
den, deren Standzeit keine Wünsche mehr offen läßt. Wir prüften die
Zündeinstellung vor und nach einer Fahrstrecke von 2500 km und
konnten keine Unterschiede und demzufolge auch keinen Verschleiß an
den Anlaufnasen feststellen. Nicht zuletzt trägt auch der gegenüber
früheren Ausführungen wesentlich größere Schmierfilz zu diesem gün-
stigen Verschleißverhalten bei. (Der Filz darf nur den "Nockenberg"
berühren, nicht auch das "Nockental", sonst wird das Öl aus dem Filz
zu schnell herausgepumpt.)

Die Kühlung des Motors mit Wasserpumpe und Thermostat arbeitete
exakt, beinahe zu gut. Der Thermostat regelte jedenfalls den Wasser-
durchlaß zum Kühler so, daß der Zeiger des Thermometers kaum ein-
mal den Mittelpunkt der Skala erreichte. Das änderte sich auch nicht,
als wir bei Lufttemperaturen von über 25 °C noch immer mit Glysantin
im Kühlwasser fuhren. Auch unter diesen Bedingungen blieb die Kühl-
wassertemperatur leicht unterhalb 80°C. Dieses frühzeitige Öffnen des
Thermostats wirkt sich natürlich auch auf die Intensität der Heizung
aus. In den wenigen Nächten, in denen die Temperatur nur auf einige
Grade unter Null absank, konnten wir schon beschlagene Scheiben im
hinteren Teil des Wagens feststellen, mit denen auch das Gebläse
nicht fertig werden konnte, obwohl es für reichliche Luftumwälzung im
ganzen Wagen sorgt. Bei strengerem Frost kann man demzufolge von
der Heizung nicht allzuviel erwarten. Das beweisen auch die Erfah-
rungen anderer Wartburg-1000-Fahrer. Außerdem wurde im letzten
Winter von einem kleineren Betrieb bereits ein Trichter gefertigt und
angeboten, der die erwärmte Luft hinter dem Kühler auffängt und für
die Heizung nutzt. Diese Luft aus dem Motorraum ist zwar nicht so
rein wie Frischluft, aber frieren ist auch nicht gerade empfehlenswert.
Inzwischen haben wir auch ausgezeichnet heizende Wartburg 1000 ken-
nengelernt. Ihr Thermostat regelte die Kühlwassertemperatur aber auf
90 bis 95 °C, so daß der Zeiger des Thermostats dicht neben dem rech-
ten roten Feld steht. Bei dieser Temperatur zeigte auch der 900er Wart-
burg-Motor seine besten Laufeigenschaften, und wir können uns nicht

Der Motor mit Pumpenumlaufkühlung

Oberhalb der Lichtmaschine liegt die Wasserpumpe.
Ein Thermostat schaltet den Kühler erst dann in den
Wasserkreislauf ein, wenn die Betriebstemperatur
erreicht ist.

Der Vergaser (unten links) wurde gegenüber früheren
Ausführungen verändert. Er hat jetzt eine gemisch-
regulierte Leerlaufeinrichtung. Die Stellschraube
sitzt auf der Unterseite.

Der dicke Schlauch neben dem Kühler (Bild Mitte)
führt die Frischluft zum Wärmeaustauscher. Das oben
auf dem Heizluftführungskasten aufgebaute Gebläse ist
gegenüber dem früher verwendeten Typ wesentlich
leistungsfähiger.

Die vorderen Sitzlehnen (rechts unten) lassen sich
stufenweise verstellen und auch ganz nach hinten
klappen. Wird der kleine Hebel an der Verstell-
einrichtung nach oben gezogen, so richtet eine
Feder die Lehnen wieder auf. Dadurch ist eine
einfache Verstellung auch während der Fahrt möglich.

Vergaser Lüftung und Heizung Liegesitze
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 7/1964  
 
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UNSER TEST

Beschleunigungskurve

vorstellen, daß diese Temperatur der 1000er Maschine schadet. Für die
Heizung ist die um rund 10 °C höhere Wassertemperatur ein bedeu-
tender Gewinn.

Erhebliche Fortschritte hat der Wartburg im Hinblick auf die Motor-
geräusche erfahren. Der Motor-Getriebeblock ist jetzt auf großen
Gummiblöcken extrem weich gelagert. Wenn man ihn bei geöffneter
Motorhaube im Leerlauf beobachtet, hat man zunächst den Eindruck,
alle Verschraubungen seien locker oder fehlten teilweise ganz. Das ist
jedoch nicht der Fall. Die extrem weichen Aufhängungen auch an der
gesamten Auspuffanlage dämpfen sehr wirksam die Übertragung des
Körperschalls auf den Rahmen und auf die gesamte Karosserie. Auch
mit Antidröhnmasse, die die an die Luft abgestrahlten Schallwellen
dämpft, wurde nicht gespart. Der gesamte Wagenboden und die Trenn-
wand zwischen Motor- und Innenraum sind damit dick bespritzt. Die
Ansauggeräusche mindern zwei hintereinander geschaltete Geräusch-
dämpfer. Die dadurch erreichte Beruhigung der Saugluft trug auch zur
Verbesserung der Übergänge beim Gasgeben bei. Alle diese Maß-
nahmen führten zu einer spürbaren Senkung der Innengeräusche. Im
Leerlauf und in mittleren Drehzahlen ist der Motor kaum noch zu
hören. In hohen Drehzahlen wirken die Geräusche nicht unangenehm,
und selbst bei 120 km/h ist eine Unterhaltung oder der Radioempfang
ohne weiteres möglich.

Der Vergaser (Typ H 362-24) hat jetzt an Stelle der bisherigen Leer-
lauf-Luftregulierung eine Gemischregelung. Die Regulierschraube sitzt
an der Unterseite neben der Hauptdüse. Auf die Gemischregulierung
reagiert der Motor schneller und eindeutiger, so daß damit auch das
Einstellen erleichtert wird. Die Leerlaufdüse wurde von bisher 60 auf
die Größe 50 reduziert.

Der Kraftstoffverbrauch betrug bei dem Testwagen im Gesamtdurch-
schnitt 10,4 l/100km. Der höchste Verbrauch lag bei 11,6 l/100 km im
Kurzstreckenverkehr und bei überwiegend Vollgas auf der Autobahn.
Den niedrigsten Verbrauch konnten wir bei ruhiger Fahrweise auf
Fernverkehrsstraßen mit 9,2 l/100 km feststellen, wobei die Geschwin-
digkeit von 90 km/h nicht überschritten wurde.

Als Höchstgeschwindigkeit ermittelten wir auf der Autobahn 122,5 km/h
als Durchschnittswert aus mehreren Zeitmessungen in beiden Richtun-
gen. Das ist zwar nicht ganz die vom Werk angegebene Höchst-
geschwindigkeit von 125 km/h, aber trotzdem recht beachtlich. Das
Tachometer zeigte dabei 130 km/h an. Es ging auch in niedrigeren
Geschwindigkeiten etwas vor. Bei angezeigten 50 betrug die tatsäch-
liche Geschwindigkeit 46 km/h, bei 80 waren es in Wirklichkeit 75 km/h
und bei 100 ergab die Kontrolle mit der Stoppuhr 95 km/h. Diese Ab-
weichungen liegen beinahe in den von der StVZO festgelegten Grenzen.

Die Getriebeübersetzungen und die Übersetzung des Achsantriebs
blieben gegenüber dem Wartburg 900 unverändert, so daß die einzel-
nen Gänge die gleichen Geschwindigkeitsbereiche erfassen. Der erste
Gang reicht bis etwa 35 km/h, der zweite bis reichlich 50 km/h, und den
dritten kann man maximal bis etwa 85 km/h ausfahren. Der vierte Gang
setzt jedoch schon ab 55 km/h mit dem maximalen Drehmoment ein,
man kann damit ohne weiteres auch auf etwa 40 km/h heruntergehen
und von dort aus wieder ruckfrei beschleunigen. Der Motor verfügt
über eine erstaunliche Elastizität und nimmt diese Behandlung nicht
übel. Wenn man von einem anderen Wagen auf den Wartburg um-
steigt, so ist man immer wieder überrascht über den zierlichen Schalt-
hebel, der sich so spielend leicht mit zwei Fingern bedienen läßt. Die
Sperrsynchronisierung vom zweiten bis zum vierten Gang arbeitet zu-
verlässig, ohne den Schaltvorgang zu erschweren. Der erste Gang wird
nur zum Anfahren gebraucht, und die Schwierigkeiten, die es verschie-
dentlich beim Einlegen des Rückwärtsganges gab, sind nun auch be-
seitigt. Das mit dem Schalten des Rückwärtsganges erforderliche Sper-
ren des Freilaufs besorgt jetzt eine geteilte Sperrgabel durch Feder-
druck.

Ein hohes Drehmoment bei relativ niedriger Motordrehzahl verspricht
auch eine gute Durchzugskraft am Berg und eine gute Beschleunigung.
Trotzdem erreicht der Wartburg nicht den heute in dieser Wagengröße
üblichen internationalen Durchschnitt. Aus dem Stand bis 80 km/h
(tatsächlichen 80 km/h, nicht nach der Tachoanzeige) brauchte der Wart-
burg 1000 mit zwei Personen besetzt 16,5 Sekunden. Vergleichbare Fahr-
zeuge Wie zum Beispiel der Renault R 8, der Opel Kadett und der
DKW F12 liegen zwischen 12,5 und 14,5 Sekunden, obwohl ihre Moto-
ren nur über 40 PS Leistung und über ein maximales Drehmoment zwi-
schen 7 und 8 mkp verfügen. Dafür sind diese Wagen wesentlich
leichter. Der Wartburg de Luxe hat eine Eigenmasse von 935 kg, der
DKW F 12 756 kg, der Renault R 8 725 kg und der Opel Kadett sogar
nur 694 kg. Würde der Wartburg 725 kg wiegen, so könnte er mit der
gleichen Besetzung ebenfalls rund 13 Sekunden von 0 bis 80 km/h er-
reichen. Mit seiner jetzigen Masse brauchte er dagegen rund 55 PS,
um diese Beschleunigung zu erreichen. (Aus der Leistung und der Masse
läßt sich die erreichbare Anfahrbeschleunigung angenähert errechnen.)
Es liegt damit auf der Hand, wohin auch in Eisenach die künftige Ent-
wicklung gehen muß. 55 PS sind für einen 1000er Gebrauchsmotor -
der ja schließlich keine Rennmotorencharakteristik haben soll - nicht
zu akzeptieren. Eine radikale Verminderung der Eigenmasse ist jedoch
ohne weiteres erreichbar, allerdings nicht mit dem jetzt verwendeten
Rahmen und der Karosserie. Und hier muß bald etwas geschehen. Wir
müssen es noch deutlicher sagen. Während in Zwickau der Trabant
konsequent weiterentwickelt wurde, so daß er heute in seinen Haupt-
abmessungen und Fahrleistungen international keinen Vergleich in
seiner Größenklasse zu scheuen braucht, während die Skoda-Kon-
strukteure einen neuen 1000er schufen, der um 165 kg leichter ist als
der Octavia, während westliche Automobilwerke eine ganze Anzahl
neuer Wagen in dieser Größenklasse herausbrachten, hat man in
Eisenach den Anschluß zunächst einmal verpaßt. Das Nachholen ist
nicht einfach, denn die technische Entwicklung bleibt nicht stehen.

Es gibt noch einige weitere Details, die einer Änderung bedürfen. Ein
Wendekreis von über 12 m (nach links) ist heute einfach nicht mehr
diskutabel, zumal es genügend Beispiele gibt, daß man auch beim
Frontantrieb mit rund 10 m auskommen kann. Die Lenkung arbeitet
gegenüber früheren Ausführungen weicher und geschmeidiger. Das
bei vielen Frontantriebswagen charakteristische Rupfen oder Rucken in
mit Gas durchfahrenen Kurven war bei dem Testwagen im Lenkrad
nicht mehr zu spüren. Wesentlichen Anteil daran haben die Doppelge-
lenke der Antriebswellen, die eine gleichmäßigere Kraft- und Bewe-
gungsübertragung auch bei eingeschlagenen Vorderrädern ermöglichen.
Außerordentlich wirksam sind die Bremsen, wobei besonders der ge-
ringe notwendige Kraftaufwand am Bremspedal auffällt. Im normalen
Fahrbetrieb braucht man das Pedal nur anzutippen, um beachtliche
Verzögerungen zu erreichen. Beim scharfen Bremsen brachte die Fuß-

Gangdiagramm
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 7/1964  
 
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bremse Bremsverzögerungen von 7,5 bis 8,4 m/s². Mit der Handbremse
allein ergaben sich 2,5 m/s². Die Fußbremse wirkt hydraulisch auf alle
vier Räder, wobei die Hinterradbremsen als Simplex-Bremsen und die
Vorderradbremsen als Duplex-Bremsen aufgebaut sind. Bei der
Duplex-Bremse hat jede Bremsbacke ihren eigenen Bremszylinder, so
daß jeweils beide Backen auflaufend wirken. Entsprechend der beim
Bremsen höheren dynamischen Belastung der Vorderachse übertragen die
Duplex-Vorderradbremsen auch den größten Bremskraftanteil.

Die Straßenlage des Wartburg 1000 läßt keine Wünsche offen. Ob bei
trockener, nasser oder schmieriger Fahrbahn, man hat den Wagen
stets sicher in der Hand. Natürlich ist das auch ein Verdienst des Front-
antriebs, denn wenn nicht gerade das Gas weggenommen wird, ziehen
die Vorderräder den Wagen in die gewünschte Richtung, während bei
einem heckgetriebenen Wagen unter ähnlichen Bedingungen die Hin-
terachse bedeutend leichter seitlich rutscht. In der Kurve erfordert zwar
die reichlich direkt übersetzte Lenkung einen vergleichbar höheren
Kraftaufwand gegenüber anderen Fahrzeugen, sie erlaubt aber dafür
ein fast millimetergenaues spurtreues Fahren. Mit dem Einsatz der Rei-
fen mit Sicherheitsschultern hat die Straßenlage des Wartburg eben-
falls gewonnen. Der Wagen ist damit weitgehend unempfindlich gegen-
über Längsfugen in der Fahrbahn geworden, und die bekannten klei-
nen Schlenker beim Überfahren von Straßenbahnschienen im spitzen
Winkel treten nicht mehr auf. Einen Schönheitsfehler fanden wir jedoch

Armaturen mit Sport-Lenkrad

Beim Wartburg 1000 wird serienmäßig das Lenkrad vom Wart-
burg-Sport verwendet. Der Signalring ist weggefallen.
Die Hupe und Lichthupe werden von dem kombinierten Blink-
schalter mit betätigt.

bei dem Testwagen unverändert wieder vor. Bei Kurven mit kleinem
Radius, wie zum Beispiel beim Rechtsabbiegen in der Stadt, quietschen
die Reifen auch bei sehr geringen Fahrgeschwindigkeiten in einem
Maße, daß sich alle Passanten umdrehen, um danach auf den "Raser"
zu schimpfen. Von "Rasen" kann jedoch bei Geschwindigkeiten um
20 km/h wahrlich keine Rede sein. Hier handelt es sich vielmehr um
eine unzweckmäßige Einstellung der Vorderräder, die auch bei den in
bezug auf Quietschen viel weniger anfälligen Reifen mit gerundeten
Schultern für die Geräusche sorgt.

Die Federung könnte man als sportlich bezeichnen, sie ist weich genug,
um mit den meisten Fahrbahnunebenheiten fertig zu werden, sie ist
aber auch so hart, daß in der Kurve kaum eine Seitenneigung des
Wagens auftritt. Bei bestimmten Schlaglöchern und kurzen Bodenwellen
staucht sie jedoch und läßt den Wagen auch seitlich wandern und
zeigt damit die Grenzen, die einer Blattfederung gesetzt sind. Ver-
gleicht man die Wartburg-Federung mit der des Nutzfahrzeuges Barkas
B 1000, so schneidet der Wartburg gar nicht gut ab. Eigentlich müßte
es umgekehrt sein, denn bei einem Nutzfahrzeug ist man eher geneigt,
Konzessionen an den Fahrkomfort zu machen als bei einem Pkw in

Seitenansicht

TECHNISCHE DATEN
Dreizylinder-Zweitaktmotor, stehend in Reihe
Hubraum: 991 cm³
Bohrung: 73,5 mm
Hub: 78 mm
Vordichtung: 7,3 bis 7,5
Leistung: 45 PS bei 4200 U min
Max. Drehmoment: 9,5 mkp bei 2200 U/min
Schmierung: Gemisch 33 1/3:1
Kraftstoff: mindestens MOZ 78 (VK "Extra")
Kühlung: Pumpenumlaufkühlung mit Thermostat,
Kühlmittelmenge 8 l
Vergaser: H 362-24 BVF
Zündung: Batteriezündung, 3 Zündspulen, 3 Unterbrecher
Zündkerzen: M 18 225

Kupplung: Einscheiben-Trocken
Getriebe: Viergang, 2., 3., 4. sperrsynchronisiert, Lenkrad-
schaltung
Gesamtübersetzungen:
1. Gang
2. Gang
3. Gang
4. Gang
R.-Gang
15,90
10,36
6,645
4,643
21,565
Freilauf: In allen Vorwärtsgängen, sperrbar

Batterie: 6V, 84 Ah
Lichtmaschine: 220 W, temperaturkompensierter Spannungs-
regler
Anlasser: 0,6 PS, elektromagnetischer Schubschraubtrieb

Rahmen: Kastenprofil, vier Querträger
Vorderachse: Dreiecklenker unten, Querblattfeder oben,
doppeltwirkende Teleskopstoßdämpfer, Federweg 160 mm
Hinterachse: Starrachse mit hochliegender Querblattfeder,
Längslenker, doppeltwirkende Teleskopstoßdämpfer, Feder-
weg 160 mm
Lenkung: Zahnstangenlenkung, geteilte Spurstange,
2 5/8 Lenkradumdrehungen von Anschlag zu Anschlag
Wendekreis: links 12,6m, rechts 11,6m
Fußbremse: hydraulisch, vorn Duplex-, hinten Simplexbremsen
Handbremse: mechanisch auf Hinterräder wirkend
Bereifung: 5,90-15
Luftdruck: vorn 1,4 at, hinten 1,5 bis 1,6 at Überdruck
Radstand: 2450 mm
Spurweite: 1190 mm vorn, 1260 mm hinten
Bodenfreiheit: 190 mm
Länge: 4300 mm
Breite: 1570 mm
Höhe: 1450 mm
Leermasse: 935 kg
Zul. Gesamtmasse: 1300 kg
Platzzahl: 5
Tankinhalt: 44 l, davon 4 l Reserve bei Nullstellung des
Anzeigegerätes

Höchstgeschwindigkeit (des Testwagens): 122.5 km/h
Kraftstoff-Durchschnittsverbrauch (des Testwagens):
10,4 l 100 km
Preis: Limousine de Luxe mit Schiebedach 17 200 DM
Kfz.-Steuer: 180,- DM
Kfz.-Haftpflicht: 136,- DM (DDR), 168,- DM (Berlin)
Fahrzeugversicherung (Kasko) mit 100 DM Selbstbeteiligung:
380,- DM (DDR), 475,- DM (Berlin)
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 7/1964  
 
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UNSER TEST
Der Kofferraum ist verhältnismäßig flach,      
aber trotzdem sehr geräumig. Das Reserverad      
und das Werkzeug liegen abgedeckt mit      
einem hochklappbaren Brett auf dem Wagenboden.      
Kofferrraum
 
 
 
 
Luxusausführung. - Auch auf diesem Gebiet gibt es in Eisenach eini-
ges zu tun.

Selbstverständlich spürt man im Sitz keine harten Stöße. Dafür sind
die Sitze viel zu gut. Sie sind weich gepolstert, ohne den Kontakt zum
Fahrzeug vermissen zu lassen, und ihre Konturen sind dem Körper gut
angepaßt. Sowohl auf der Sitzfläche wie auch an der Lehne findet man
einen hervorragenden seitlichen Halt auch bei scharf gefahrenen Kur-
ven. Angenehm und praktisch ist die Lehnenverstellung. Sie ermöglicht
in dicht nebeneinander liegenden Stufen jede gewünschte Neigung der
Lehne bis zur nahezu horizontalen Lage, wenn man die Sitze in eine
Liege verwandeln will. Bei Anheben des Verstellhebels folgen die
Lehnen durch Federdruck dem Oberkörper in die gewünschte Stellung.
Dadurch ist auch eine rasche Verstellung während der Fahrt gegeben,
wenn man einmal etwas anders sitzen will.

Die Ausstattung des Wagens ist reichhaltig. Man findet bequeme Arm-
stützen und Türtaschen vorn und hinten, zwei gepolsterte Sonnenblen-
den, die rechte hat auch einen make-up-Spiegel auf der Rückseite.
Eine Lichthupe und eine wirksame Scheibenwaschanlage sind ebenso
selbstverständlich wie das leistungsstarke Gebläse zur Scheibenent-
frostung und die bequeme Verstelleinrichtung für die Heizung und
Frischluftzufuhr, mit der man Warmluft und Frischluft vom Sitz aus
dosieren kann, ohne erst die Motorhaube zu öffnen und Ventile zu
verstellen. Eine wirksame, völlig zugfreie Belüftung ermöglichen die
hinteren Ausstellflügel, und wenn Fahrtwind gewünscht wird, kann man
sämtliche vier Türfenster herunterkurbeIn. Sehr angenehm empfanden
wir auch das Schiebedach. Wenn es etwa um eine Handbreite geöffnet
wird, stört während der Fahrt nicht einmal leichter Regen.

Weniger imponierten uns die rasch erblindenden Aluminium-Einfassun-
gen der Fenster. Eine eloxierte Ausführung würde gerade der Luxus-
Limousine wesentlich besser stehen. Das gilt auch für die Radkappen.
Die Türabdichtungen waren bei früheren Wartburgmodellen besser. Die
jetzt verwendeten dichten zwar einwandfrei ab, sie rollen sich aber an
den Übergängen zwischen Türkörper und Türscheibe auf und wirken
dann wie angehängte Lappen. Die Abdichtung der Windschutzscheibe
und der Heckscheibe ließ an den unteren Ecken Wassertropfen durch.
Unpraktisch sind die verhältnismäßig hellen grauen Fußteppiche. Bereits
nach dem ersten Aussteigen an einer Tankstelle bekamen sie Ölflecke,
die sich nicht mehr entfernen ließen. Auch die Türaußengriffe sind alles
andere als praktisch, und man sollte dem Wartburg endlich wie dem
Trabant und dem B 1000 Drucktastengriffe gönnen. Daß es Lenkblock-
schlösser oder ähnliche Diebstahlsicherungen gibt, die in einigen Län-
dern sogar gesetzlich vorgeschrieben sind, wird von unserer Industrie
völlig ignoriert - wie lange noch?

Der Wartburg ist bekannt für ein ausgezeichnetes Startverhalten auch
bei extremen Temperaturen. Dieser gute Ruf wurde bei dem Einsatz
der Aluminiumkabel leicht angekratzt. Die Kabel sind aber jetzt in
Ordnung. Man benutzt eine andere Legierung für die Kabelschuhe und
preßt sie unter hohem Druck auf, wobei sogar die einzelnen Adern
ineinanderfließen. Dafür gibt es seit einiger Zeit eine neue Fehler-
quelle. Die Lagerbüchsen des Anlasserankers klemmen, und auch eine
voll geladene Batterie ist dann nicht mehr imstande, den Motor auf
die erforderliche Anlaßdrehzahl zu bringen. Dieser Fehler verhalf uns
auch bei dem Testwagen zu dem mit recht so beliebten "Vergnügen"
des Anschiebens - und das bei sommerlichen Temperaturen. Wir sind
gespannt, wie lange sich die Automobilfabriken derartige Experimente
der Fahrzeugelektrik noch gefallen lassen, denn schließlich geht es um
den guten Ruf des ganzen Wagens. Kein Mensch fragt in solchem Fall
nach dem Hersteller des betreffenden Einzelteils, sondern er schimpft
auf den Wagen !

Ausgezeichnet arbeitet der neue temperaturkompensierte Regler, den
wir bereits vorher auch bei Frost eingehend erprobt hatten. Durch eine
Kompensationswicklung und einen zusätzlichen Abgleichwiderstand
wird bei diesem Typ die Amperewindungszahl der Wicklung auch bei
wechselnden Temperaturen stets konstant gehalten. Die Batterie wird
dadurch unter allen Bedingungen optimal geladen. Bei dem früher
benutzten Typ war das nicht der Fall. Entsprechend dem Absinken der
Außentemperatur verminderte sich der Widerstand der Wicklung, die
Amperewindungszahl und die Magnetkraft des Spulenkerns erhöhten
sich, der Regleranker wurde früher angezogen und regelte dadurch
eine niedrigere Lichtmaschinenspannung. Umgekehrt erhöhte sich die
Regelspannung an heißen Tagen und die Batterie wurde gerade dann
sehr stark geladen, wenn es gar nicht angebracht war.

Der in den Wartburg de Luxe eingebaute Autosuper "Berlin" hinterließ
nicht den besten Eindruck. Seine Trennschärfe war unzureichend, so
daß im Berliner Raum alle starken Sender mehrmals auf der Skala er-
schienen. Die Senderwahl erforderte große Sorgfalt, die den Fahrer
unzumutbar ablenkt. Hinsichtlich der Bedienung im Auto bot der alte
Drucktastensuper "Schönburg" wesentlich mehr Komfort. Heute gehört
jedoch auch UKW zu einem Autosuper mit Weltniveau, von den spe-
ziellen Finessen wie automatische UKW-Scharfabstimmung ganz ab-
gesehen, die schon in transportablen Transistorkoffern mit Autohalte-
rung zu finden ist (Beispiel Braun T580).

Im allgemeinen erwies sich der Wartburg 1000 als genauso zuverlässig
und anspruchslos wie sein Vorgänger mit dem kleineren Motor. Pan-
nen unterwegs oder irgendwelche andere Schwierigkeiten gab es auch
bei härtester Beanspruchung nicht und genauso angenehm wie das
Fahren selbst ist schließlich die Tatsache, daß es eigentlich keine
Situation gibt, in der der Wartburg ein Unsicherheitsgefühl aufkommen
läßt. Er ist einfach zu bedienen, stets gut zu beherrschen und bietet
einen Fahrkomfort, der auch sehr lange Strecken nicht als Anstrengung
empfinden läßt.e-p
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 7/1964  
 
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